"Keine
vollen vierzehn Tage war die katholische Kirche ohne einen Papst. In der
Zwischenzeit hatte nach den gültigen Bestimmungen das Kardinalskollegium die
Leitung der Kirche übernommen. In zehn Vollversammlungen aller Mitglieder des
Kardinalskollegiums - dies sind knapp über zweihundert - stand die Lage der
weltweiten Kirche im Zentrum. Daraus ergaben sich, ohne Namen auszusprechen,
die Anforderungen an einen neuen Oberhirten. In knapp zwei Tagen entschieden
die 115 Kardinäle, die unter achtzig Lebensjahren ein Wahlrecht besitzen, den
Nachfolger von Papst Benedikt XVI. Die Entscheidung fiel nach einem knappen Tag
im fünften Wahlgang.
Mit
der Wahl des Erzbischofs Jorge Mario Bergoglio von Buenos Aires in Argentinien
war eine dreifache Besonderheit gegeben. Kardinal Bergoglio ist der erste
Nicht-Europäer in der Papstgeschichte und vertritt als Argentinier den
lateinamerikanischen Halbkontinent, in dem die Hälfte der 1,2 Milliarden
Katholiken in aller Welt lebt. Er ist zweitens ein Angehöriger des
Jesuitenordens. Die „Gesellschaft Jesu", die ein besonderes Dienst- und
Gehorsamsverständnis zum Papst hat, kann zum ersten Mal den obersten Hirten der
katholischen Weltkirche stellen. Umso überraschender war es drittens auch für
Viele, dass Kardinal Bergoglio als Jesuit sich den Namen Franziskus beilegte
und dabei hinzufügte, dass er diese Wahl im Gedenken an den heiligen Franziskus
von Assisi getroffen habe. Aber dies war nicht nur die Überraschung, dass ein
Sohn des heiligen Ignatius von Loyola den Namen des Gründers der
franziskanischen Bewegung annahm, sondern, dass er mit dem Namen des Poverello
von Assisi sich in besonderer Weise als Anwalt der Armen bekannte. Diese
dreifache Überraschung glich insgesamt einer Sensation.
Ich glaube, dass die Wähler
aus aller Welt damit einen Nachfolger Petri und besonders auch Benedikts XVI.
bestimmten, der den Erwartungen in einem hohen Maß entsprechen kann: Er ist
nicht nur in der Philosophie und Theologie zuhause, sondern kennt auch die
heutige geistige und gesellschaftliche Situation des Menschen. Er war auch
einmal Chemie-Laborant und studierte Literatur und Psychologie. Aber er ist
deswegen nicht ein Fachexperte in Theologie, wie es sein Vorgänger war, und
auch kein Intellektueller im üblichen Sinn. Er kennt die Wege des Menschen,
gerade auch in Not und Elend. Er hat als Ordensmann mit Verantwortung auf
vielen Ebenen und als verantwortlicher Seelsorger einer Weltstadt eine
nüchterne Vision vom Weg der Kirche in Gegenwart und Zukunft. Schließlich
erwarten alle, die ihn kennen, und besonders seine Wähler, dass er angesichts
der notwendigen Reformen vor allem auch in der Kirche selbst Führungskraft und
Durchsetzungsfähigkeit an den Tag legen kann, wie viele ihm, die ihn näher
kennen, bescheinigen. Reformen beziehen sich dabei freilich aber nicht in
erster Linie oder nur auf Strukturveränderungen, sondern sie beginnen bei der
Umkehr des einzelnen Menschen zu neuer Wahrheit, Gerechtigkeit und
Barmherzigkeit. Er weiß auch um umfassende Gefährdungen des Menschen, besonders
angesichts der vielfältigen Bedrohungen unserer Lebensbedingungen.
So begegnete Papst
Franziskus nach der Wahl nicht nur den bisherigen Amtsbrüdern, sondern auch den
Hunderttausenden von Menschen, die nach dem Aufsteigen des weißen Rauches wie
bisher in Rom aus allen Stadtteilen auf den Petersplatz strömten, bis hinunter
zum Tiber.
Er kam ohne
zusätzliche Ausstattung im schlichten weißen Talar des Papstes. Ganz natürlich
und einfach begrüßte er mit „buona sera" und später mit „buon
riposo", „Guten Abend" und „Gute Nachtruhe". Er sprach
vorwiegend als Bischof von Rom, bat schlicht und überzeugend um das Gebet und
um den Segen der Menschen, bevor er ihnen allen weltweit seinen ersten
Apostolischen Segen von der Loggia des Petersdomes zusprach.
Es war ein starker Anfang. Bald werden wir mehr wissen, was er damit konkret
für Kirche und Welt meint und vorhat. Er wird wohl damit nicht lange zögern.
Sein Alter drängt ihn neben vielem anderem zur Eile. Aber, es ist eine Eile mit
Weile."
Quelle: Foto und Text - Pressestelle Bistum Mainz
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